Ansprache beim Gedenkgottesdienst

anläßlich Ihrer Beerdigung am 26.08.1999 gegen 13:30

Sarg in der Kirche in Oberbachem Von Elia, dem Propheten, wird berichtet, dass Gott zu ihm sprach, er solle sich aufmachen zu einem Berg und dort werde Gott, ihm begegnen. Und Elia machte sich auf, stieg auf den Berg und verweilte in einer Höhle dort. Und da kam ein großer Wind, so stark, dass er Felsen zerbrechen konnte

  • aber Gott, so heißt es, war nicht im Wind. Danach kam ein Erdbeben, und alles erzitterte
  • aber Gott, so heißt es, war nicht im Erdbeben. Und nach dem Beben kam ein Feuer, das alles verzehren konnte
  • aber Gott, so heißt es, war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles sanftes Sausen, wie ein Luftzug. Da bedeckte Elia sein Gesicht mit seinem Mantel, denn keiner darf Gott sehen, und trat heraus vor die Höhle, denn er wußte in dem Säuseln, dem stillen, sanften, war Gott. Wo ist Gott im Leben eines Menschen? Wo sind die Zeichen und Hinweise seiner Nähe auch schon hier in unserem Leben, wenn unsere Hoffnung auf kommendes Leben mehr als Ungewissheit, sondern Zuversicht sein soll. Und solche Zuversicht brauchen wir, wenn wir Gisela Best - wie die anderen Verstorbenen - zu Grabe tragen. Wie nähert sich Gott in unserem Leben, wie zeigt er sich?

    Die Erzählung über den Propheten Elia will uns nahebringen, dass Gott nicht unbedingt da am besten zu erkennen ist, wo wir ihn vermuten, im Großen, Starken, im Lauten. Er ist gar nicht am leichtesten zu erfahren in einem glücklichen Leben, so wie die erste Hälfte des Lebens Ihrer Mutter weitgehend behütet war, die Kindheit und Jugendzeit, das selbstgewählte Studium der Germanistik, selbst nach dem Krieg, ausgebombt in Berlin-Spandau, findet sich die Familie wieder zusammen im großelterlichen Haus in Karlshaven.

    Gott läßt sich im Kleinen, im stillen sanften Säuseln finden - dort, wo wir ihn nicht erwartet haben. Er hat das Leben von Frau Best begleitet, aber vielleicht darf ich sagen, besonders die zweite Hälfte, besonders die Zeit, die belastet war durch Krankheiten, durch die Trennung in der Ehe, durch die vielen Sorgen um die Krankheit ihres Sohnes, Ihres Bruders, und seinen Tod; die Zeiten, die sie lehrten, dass außer der Familie es nichts gibt, auf das man sich verlassen kann. Darin immer auch ein volles Leben, ein Leben mit Humor, mit Kontakten über die Generationen hinweg, mit Respekt und Distanz anderen gegenüber, mit vielen schöngeistigen Büchern und Musik, dem Flügel, vor allem nachher wieder mit Janina, der Enkelin, mit Fernsehgucken bis nachts um zwei, mit Fröhlichkeit bis zuletzt, z.B. beim Tauffest in der Nachbarschaft, mit Reiseplänen noch mit dem Sohn in die Mark Brandenburg, mit dem Enkel, Philipp, zur Freundin nach New York. Gott war im ganzen Leben dabei, wie er jedem von uns in der Taufe zusagt, aber besonders im Stillen, dort, wo sich auch mit Schmerzen und mit Enttäuschungen der Kreis des Lebens schließt.

    Dass Gisela Best nun neben ihrem Sohn hier auf dem Oberbachemer Friedhof ihre Ruhe finden wird ist wie ein stilles Schließen dieses Kreises, eine Antwort auf eine Frage, eines Fragekreises, der hier im Leben immer auch offen geblieben ist und ihre Gedanken und Empfindungen bestimmt in vielen, vielen Stunden begleitet und gefüllt hat.

    "Spiel dein Spiel und wehr' dich nicht,
    lass es still geschehen.
    Lass vom Winde, der dich bricht,
    dich nach Hause wehen."

    Der Wind, der einen bricht, läßt immer viele Fragen. Aber auch das sich-wehen-lassen ist da, das Sich-tragen-lassen vom Urgrund des Lebens. Darin, in diesem religiösen Verwurzeltsein hat Gisela Best gestanden; kirchlich war sie nicht und hat dort Konflikte gehabt...und hat doch zu ihrem Glauben gestanden.

    Am Ende scheint es, war ihre Lebensaufgabe erfüllt - voller Leichtigkeit wird sie aus diesem Leben gerufen, so leicht so schnell, dass für Sie gar keine Zeit blieb, Abschied zu nehmen. Sie ist uns vorausgegangen - und vorausgehen heisst ja, dass wir wieder beisammen sein werden. Dort werden dann auch unsere Fragen beantwortet werden, wird sich für alle der Kreis schließen.

    Die Geschichte von Elia am Horeb erinnert uns daran, dass Gott bei uns allen, aber eher im Kleinen und Versteckten zu finden ist. Angesichts des Todes ist es wie in der Erzählung, in der einer auf die Stationen seines Lebensweges zuruckschaut und sie als Fußspuren im Sand sieht. Manchmal waren da zwei, manchmal nur eine Spur und zu Zeiten größerer Not und Traurigkeit immer nur eine "Warum hast du mich da, wo ich dich am nötigsten hatte, allein gelassen, fragt er Gott. Und der antwortet " Ich liebe dich und wurde dich niemals verlassen. In den Tagen, an denen du am meisten gelitten und mich am nötigsten gebraucht hast, da wo nur eine Spur im Sand zu sehen ist, da habe ich dich getragen"
    Jetzt trägt Gott Sie, alle die trauern.

    Gott nehme Gisela Best gnädig zu sich in seine Liebe. Todesanzeige