Brief von Hans an Thessy

17.2.1945

Meine liebste Frau,
man sagt, es sei heute Sonntag, aber man merkt nichts davon. Wir leben ganz zeitlos. Es ist ganz gleich, ob es Tag oder Nacht, ob es Werktag oder Sonntag ist. Es ist auch gleich, ob einer der Wehrmacht, dem Volkssturm oder der Hitlerjugend usw. angehört und alle werden in einem im Wehrmachtsbericht erwähnten Schwerpunkt eingesetzt und den gleichen Anforderungen gestellt. Mir geht es gut. Ich fühle mich wohl. Frischer als vor meiner Arbeitspflicht. Da merke ich wieder deutlich, wie anstrengend die Chemie ist. Wir haben viele Ausfälle hauptsächlich durch Krankheit, da die Leute ohne Rücksicht auf ihren Gesundheitszustand eingezogen wurden. Ich bin ganz ruhig. Es kracht und donnert, man achtet nicht darauf. Ich fühle mich wohlgeborgen, da in den letzten Tagen nichts passiert ist. Was Gott uns bestimmt hat, tritt ein. Er wird’s wohl machen. In Liebe gedenke ich Eurer, unendlich gedenke ich voll Dankbarkeit all dessen, was Du mir – seit wir uns kennen – gewesen bist und noch immer bist. Dies ist kein Abschiedsbrief, aber ich denke an den Unterschied in meinem Leben vor drei Wochen und jetzt.
Sei gegrüßt, liebste Frau und Kinder Dein Hans und Euer Vater