Gustav Gerhardy an seine Mutter

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Trier, d. 11. II 1882

Liebe Mutter1
Schon immer wollte ich dir auf deinen letzten Brief sowie für die Wäsche danken. Aber Rekruten, Winter Arbeit und Waffenreparaturschreiben haben mir nun schon drei Sonntage genommen. Auch heute mußt du dich nur mit diesem Lebenszeichen begnügen. Ich kann kaum schreiben so klamm sind meine Finger. Meine Bude ist wie ein Eiskeller jetzt, da ich am Tage nicht heizen lasse, weil ich nur auf momenta nach Hause komme, und das kleine Oefchen genügts nicht bei der Kälte. Ich habe meinem Wirth, weil er sich mit Beschaffung eines Ofens nicht einverstanden erklärte, zum 15. d. M. gekündigt und ziehe ins Gartenfeld No 315 "Bell-Etage". Die Ofen Kalamität ist hier wahrhaft epidemisch.
Es bleibt einem beinahe nichts übrig, als man schaft sich Alles selbst an, und mietet sich einige leere Stuben, aber leider geht hier schon wiederso ein Gerücht, daß wir am 1April 83 nach Straßburg und mit 1Bataillon nach Pfalzburg versetzt werden sollen, darum lieber keine Moden.
Nun aber etwas erfreuliches.
Stoll, der mit meiner Winterarbeit einverstanden und dieselbe gut ..., wie mir der Adjutant gesagt, hat die Absicht zu mir ganz sicher ausgesprochen, daß er mich, da im Mai oder Juni d. Jahres voraussichtlich ein Offizier noch das I Bataillon 130 nach Erfurt, kommandiert werden muß, auf 4 Wochen zum Kursus auf der Gewehrfabrik vorschlagen will.
In treuer Liebe
Dein Gustav
Fräulein Behr hat sich bereits verlobt.
Mein lieber Felix, mit deiner Liebe wars mal wieder nix.2


  1. Transscription durch Sibylle Fährmann 

  2. Quer auf Seite 2 und 3