Gustav Gerhardy schreibt am 15. März 1883 an seine Eltern

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Trier, den 15. März 1883

Liebe Eltern!1
Endlich heute, nachdem ich wie vorigen Sonntag, das Waffen-Reparatur-Materialien-Konto in Ordnung gebracht, komme ich dazu, für Zulage und Reisegeld, sowie zwei liebe Briefe von Mutter und einem von Leo meinen Dank abzustatten. Für Wäsche und Beilage meinen besten Merci. Die Butter kam sehr zu passe, da man hier in der Milchgenossenschaft außer Abonnement keine mehr bekommt. Ich habe meine Milchkur hier wieder angefangen, werde aber wohl aussetzen müßen, da sie zu sehr stopft. Im übrigen paßt es mir, seit ich am 1. d. M. die Rekruten glücklich vorgestellt, mit meinem Befinden und meiner Kehle sehr wohl. Branntwein mit Salz hat wenig geholfen, aber desto mehr hilft Inhalation und Gurgeln mit Chlorkalk mit Salz. Ich schicke heute mit der Wäsche Leopolds Hose mit, die neue hat noch nicht fertig werden können, weil der Lieferant aus Berlin meinem Schneider nicht den richtigen feinen Stoff geschickt hat, wie ich den selben verlange. Ich werde die neue am nächsten Mittwoch in seine Hände legen können, natürlich zu demselben Preis nicht billiger. Die alte braucht Leo nicht wieder zu schicken, denn Koker hat von derselben die Maße abgenommen und meine dazu in den Händen. Zur Kaisers Geburtstagsfeier findet das Jahr nur Festessen statt. Die Kompagnie macht diesmal, da keine extra ordinären Gelder bewilligt, die Feier in den Räumen der Kaserne ab.
Im vorigen Jahre sind Schlägereien vorgekommen, um dies zu vermeiden bekommen die Leute dieses Jahr weniger Alkohol und werden in der Kaserne versammelt.
Doch ich muss jetzt schließen, da der Mittagstisch ruft.
Nächstens, wenn ich Leo sprachlich schicke, schreibe ich ausführlicher.
Das Bouquet, was ich der Tante Anna gestiftet, geschah mit Berufung. Ich will mir vor ihr, nicht Lumpen lassen. Denn sie denkt vielleicht, daß sie sich mit ihrem Geburtstagsgeschenk riesig angestrengt hat.
Mit 1000 herzlichen Grüßen bald mehr
Euer Gustav


  1. Transscription durch Sibylle Fährmann