Gustav Gerhardy schreibt am 14. Mai 1883 an seine Eltern

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Trier, den 14.Mai 1883

Hurrah1, Hurrah, Hurrah!
Kinder seid Ihr da.
Sammelt Euch zur Runde
Bring' Euch frohe Kunde
Mittwissende sein
Dürft nur Ihr allein
Aus geheimer Kriegskanzlei
Vom befreund'ten Kabinetsrath
kam ein Schreiben heut herbei,
Drau vor Freud sich's Herz geloetzt hat.
Drinnen stand "vertellt"
was Euch wohl gefällt,
nämlich daß die Hundertdreiß'ger
sich in Bälde um so fleiß'ger
werden etwas westwärts wenden
zu befestigen Gebäuden
1.IV84.
Ersten, vierten,vierundachzig
Seht Ihr nun die Sache macht sich
werden wir auf Stolzen s Wallen
Rechts und links die Beine schnallen,
und für weniger Beschwer
Gibts monatlich 30 mehr
Edle Märkchens in die Börse
Doch auch öfter zwicket die Ferse,
wenn auf Wache oder Forts
man befohlen und das Korps
der Offiziere aus dem Städchen
Ganz früh, wo nur Bäckermädchen
sich schon Ihrer warmen Brötchen
An die Kunden flink entled'gen.
Um zu den Rekruten stürzt,
wo der Dienst das Leben würgt,
Durch das Thor im Hundertzwanzger
In dem Leib 'nen golgnen Dan'zger2
der das Bauchfett warm im Fluß hält
Wenn um 8 der erste Schuß fällt
Tief im Schnee auf St. Qwentin;
In den Taschen die "Les mainc"
Hoffentlich wird es dann auch
Besser mit dem Silberschlauch3
und wir brauchen nicht wie dies Jahr
Leider nur zu sehr vom Kies bar
Pfingsten in so'm Nest zu trauern
Wie dies Trier mit seinem sauren
Mosel
Bin am Himmelfest
drüb'n in Luxemburg geweßt,
wollte dorten Barautschau halten,
Aber noch bleibt es beim Alten.
Muß noch länger "Kneipegehen"
In der Hand den Groschen drehen
Eh ich ihn tisquiren kann
Ohne nicht zu Kranken dran.
Doch empfangt den Gute Nacht Kuß
da ich morgen früh halbacht muß
wieder auf dem Grünberg steh'n
und dort nach dem Rechten sehn
Grüßt mir Häschen, Hermann tantes Euer Jüngster

Leutnant

  1. Er. 16/5 83 und sogleich durch besondere Briefe von ? u. mir beantwortet 

  2. Ein Schnaps mit Goldplättchen 

  3. Anspielung auf die Beförderung